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Archäologie
Archäologische Funde der ersten Hälfte des 5.Jahrhunderts n.Chr. aus Worms-Abenheim
Fortsetzung
Obwohl bei diesen Funden keine Knochenreste entdeckt wurden, deutet die Unversehrtheit der beiden Krüge daraufhin, dass es sich um Beigaben eines spätkaiserzeitlichen Grabes handeln könnte.
Dies gilt allerdings nicht für die kleine Randscherbe des Kochtopfes mit Deckelpfalz, weil sie anhand ihres Profils in das letzte Drittel des 3.Jhs. und die erste Hälfte des 4. Jhs. zu datieren ist und damit zu sehr von der Zeitstellung der beiden Krüge und der Gürtelschnalle abweicht, welche dem ausgehenden 4. und der ersten Hälfte des 5.Jhs. angehören. Enghalsige Krüge mit verdickter Lippe aus rauhwandiger Keramik treten zwar schon in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. auf, wie z.B. unter den Funden der spätrömischen Villa ,,In der Benn" von Bad Dürkheim und des in valentinianischer Zeit erbauten Kastells Alzey, finden sich aber noch in den ältesten Reihengräbern der Merowingerzeit. Dazu gehört der Krug aus dem West-Ost gerichteten Körpergrab VIII/ 1938 von Speyer-Germansberg, das am Nordrand des Gräberfeldes liegt und wegen dieser Lage und des mitgefundenen Glockenbechers aus Glas frühestens in die Mitte des 5.Jhs. datiert werden darf.
Der Zylinderhalskrug gleicht in seiner Form einem Krug aus Frauengrab 6 von Cortrat, De'p. Loiret, das wegen zweier später Tutulusfibeln in Stufe Böhme II, d.h. in die Zeit zwischen 380 und 420 n.Chr. eingeordnet werden kann. Ganz ähnliche Zylinderhalskrüge fanden sich außerdem in zwei Gräbern von Aschaffenburg und Wiesbaden, die aufgrund eines Glasbechers mit schräggeriefter Wandung, bzw. eines handgemachten Tonbechers mit horizontal gefurchter Oberwand um die Mitte des 5. Jhs. anzusetzen sind.
Von den in spätrömischer Zeit sehr weit verbreiteten unverzierten ovalen Eisenschnallen mit rautenförmigem Bügelquerschnitt unterscheidet sich die Bronzeschnalle aus Worms Abenheim durch ihre Punzverzierung, die ein Kennzeichen von Schnallen aus dem östlichen Mitteleuropa ist. Eine solche Punzverzierung besitzen z.B. die eisernen Gürtelschnallen aus Luboszyce Zabiniec und Szurpily, die, dem von K. Godlowski erarbeiteten Chronologiesystem archäologischer Kulturgruppen im Freien Germanien zufolge, charakteristische Formen des ausgehenden 4. und der ersten Hälfte des 5.Jhs. n. Chr. sind.
Mit mehreren Reihen aus eingepunzten Punkten ist auch die kleine ovale Gürtelschnalle aus dem wandalischen Frauengrab von Trebur verziert, das wegen der langen, eingliedrigen Fibeln mit umgeschlagenem Fuß und der großen Bronzeriemenzunge mit Ritzlinienzier, typischen Formen aus der Endphase der wandalischen ,,Przeworsker Kultur" im Raum zwischen Oder und Weichsel, ebenfalls in das ausgehende 4. und die erste Hälfte des 5.Jhs. zu datieren ist. Schließlich ähnelt die Abenheimer Schnalle mit ihren stark stilisierten Tierköpfen der sehr viel naturalistischer gearbeiteten Tierkopfschnalle aus Grab 20 von Schönfeld, Kr. Großenhain. Beide Stücke wird man als vereinfachte Imitationen römischer Vorbilder, wie etwa der Delphinkopfschnallen des späten 4. und frühen 5. Jhs. ansehen dürfen. Bei den zwei Tonkrügen und der Bronzeschnalle aus Worms-Abenheim handelt es sich also mit großer Wahrscheinlichkeit um Beigaben eines Grabes, das frühestens im ausgehenden 4.Jh. angelegt worden sein kann. Da die zwei Krüge zu Serien gehören, die nachweislich bis zum Beginn der Reihengräberzeit, also bis um 450 n. Chr., hergestellt wurden, ist aber eine Datierung des Ensembles in die erste Hälfte des 5. Jhs. vorzuziehen
Für die ethnische Deutung des Befundes eignet sich die Gürtelschnalle recht gut. Unter den alemannischen Funden des späten 4. und der ersten Hälfte des 5. Jhs. aus den rechtsrheinischen Gebieten besitzt die Schnalle aus Worms-Abenheim nämlich keine einzige Parallele. Auch im sog. elbgermanischen Raum, aus dem die alemannischen Eroberer Südwestund Süddeutschlands stammten, sind punzverzierte ovale Schnallen mit rhombischem oder achteckigen Bügelquerschnitt nahezu unbekannt. Die Verbreitungskarte zeigt vielmehr, dass es sich um einen Schnallentypus östlicher Herkunft handelt, und zwar um eine Parallelserie der in Polen, Ungarn und Südrussland verbreiteten punzverzierten Gürtelschnallen mit dreiviertelkreisförmigem Laschenbeschlag vom Typ Stregocice Tiszaladany-Kertsch des auslaufenden 4. und der ersten Hälfte des 5. Jhs. n. Chr.Während die punzverzierten ovalen Gürtelschnallen mit achteckigem bis rundem Bügelquerschnitt über weite Gebiete des östlichen Mitteleuropa verstreut, d.h. in Gräbern der Lebus-Lausitzer-, Przeworsker und Westbaltischen Kultur enthalten sind, konzentrieren sich die punzverzierten Schnallen mit rhombischem Bügelquerschnitt im Bereich der Lebus- Lausitzer Kultur, dem altburgundischen Siedlungsraum zwischen mittlerer Elbe und Oder.Die Bronzeschnalle aus Worms-Abenheim bezeugt somit die Existenz von Verbindungen zwischen der Bevölkerung der Provinz Germania I und der des mittleren Oderraumes in der ersten Hälfte des 5. Jhs., also zu einer Zeit, in der der größte Teil des burgundischen Volkes als Foederaten Roms am linken Rheinufer lebte. Damit kann sie das erste, allerdings noch völlig vereinzelte archäologische Indiz dafür sein, dass das Reich der Burgundern tatsächlich in der Landschaft um Worms gelegen hat.
 
Quelle: Auszug; Buch von Mechthild Schulze-Därrlamm, Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte des Römisch-Germanischen Zentrallmuseums in Mainz
 
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